UX Gesetze — 6 Bausteine für eine intuitive Nutzererfahrung

1. Jakob’s Gesetz — Gesetz der Gewohnheit

 

Men­schen sind Gewohn­heit­stiere und über­tra­gen ihre Erfahrun­gen mit einem ver­traut­en Pro­dukt oder Ser­vice auf ähn­liche Pro­duk­te oder Ser­vices. Es ist deshalb entschei­dend, auf bere­its vorhan­de­nen men­tal­en Mod­ellen aufzubauen, um die Nutzer­erfahrung zu optimieren.

Beispiel­sweise suchen viele Nutzer:innen automa­tisch nach ein­er Such­funk­tion an ein­er bes­timmten Stelle auf ein­er Web­site (meist oben rechts). Das ist ein gel­erntes Muster. Wenn aber eine Web­seite als ver­wirrend emp­fun­den wird, ver­lassen die meis­ten Nutzer:innen die Web­site wieder schnell, der “zurück”- But­ton ist schliesslich immer an der sel­ben Stelle im Brows­er, näm­lich oben links.

Auch erwarten Nutzer:innen, For­mu­la­re auf eine bes­timmte Weise auszufüllen. Beispiel­sweise wird zuerst der Name und dann die E‑Mail-Adresse eingegeben. Dies sollte also beim Entwer­fen von For­mu­la­ren für Web­sites oder Anwen­dun­gen eben­falls berück­sichtigt werden.

Jakob’s Gesetz - Gesetz der Gewohnheit - UX Formular Beispiel

 

 

2. Fitts’ Gesetz

 

Dieses Gesetz besagt, dass Inter­ak­tio­nen müh­e­los und unkom­pliziert sein und min­i­malen Aufwand erfordern soll­ten. Deshalb sind beispiel­sweise Grösse und Platzierung von Touch-Tar­gets entschei­dend, damit Nutzer:innen sie leicht erken­nen und präzise auswählen können.

Imp­lika­tio­nen für UX:

  • Touch-Tar­gets müssen so gross sein, dass die Nutzer:innen sie leicht erken­nen und präzise auswählen können.
  • Touch-Tar­gets müssen einen aus­re­ichen­den Abstand zueinan­der haben.

Das Geset­zt find­et aber beispiel­sweise auch bei Drop-Down Lis­ten Anwen­dung: Je länger die Liste, desto kom­pliziert­er die Auswahl.

Fitts' Gesetz - Dropdown Beispiel

 

3. Hicks Gesetz

 

Hicks Gesetz besagt, dass die Entschei­dungszeit mit der Anzahl und Kom­plex­ität der ver­füg­baren Wahlmöglichkeit­en steigt. Indem weniger Auswahlmöglichkeit­en geboten und kom­plexe Auf­gaben in kleinere Schritte unterteilt wer­den, wird die Nutzer­führung vere­in­facht. Eine klare Struk­turierung von Infor­ma­tio­nen und Optio­nen erle­ichtert also die Nutzung und Entschei­dungs­find­ung. Ein gutes Beispiel hier­für ist die Google Such­funk­tion. Es gibt nur ein Such­feld, die Resul­tate kön­nen erst in einem zweit­en Schritt gefiltert werden.

Ein klas­sis­ch­er Ansatz, um Hicks Gesetz zu nutzen, beste­ht darin, den Nutzer:innen ein­deutige visuelle Sig­nale zu bieten, die ihnen bei der Entschei­dungs­find­ung helfen. Durch den geziel­ten Ein­satz von Far­ben und visuellen Ele­menten kön­nen Designer:innen wichtige Auswahlmöglichkeit­en beto­nen und es den Nutzer:innen erle­ichtern, schnell die opti­malen Optio­nen zu erkennen.

Hicks Gesetz - Pricing Plan Beispiel

 

4. Postels Gesetz — Robustheitsprinzip

 

Men­schen sind im Ver­gle­ich mit Maschi­nen inkon­se­quent, fehler­an­fäl­lig und von Emo­tio­nen gelenkt. Deshalb ist vorauss­chauende Pla­nung wichtig: Es sollte mit allen erden­klichen Eingaben und Fähigkeit­en vor­weg gerech­net wer­den, damit eine zuver­läs­sige und zugängliche Benutze­r­ober­fläche gewährleis­tet wer­den kann. Beispiel­sweise sollte Soft­ware so geschrieben wer­den, dass sie mit jedem vorstell­baren Fehler umge­hen kann, egal wie unwahrschein­lich er ist.

Obwohl Pos­tels Gesetz ursprünglich mit Net­zw­erkpro­tokollen in Verbindung gebracht wird, lassen sich seine Grund­sätze her­vor­ra­gend auf das UX-Design über­tra­gen, um robuste und benutzer­fre­undliche Erleb­nisse zu schaffen.

Vali­dierung von Benutzereingaben
Beim Entwurf von For­mu­la­ren oder Eingabefeldern ist es entschei­dend, Benutzereingaben grosszügig zu akzep­tieren. Nutzer:innen geben Infor­ma­tio­nen meist in ver­schiede­nen For­mat­en ein und kön­nen kleinere Fehler machen. Durch die Imple­men­tierung ein­er nach­sichti­gen Eingabeva­li­dierung, wie beispiel­sweise das automa­tis­che For­matieren von Tele­fon­num­mern oder das Autover­voll­ständi­gen von Feldern in For­mu­la­ren, kön­nen Designer:innen Benutzer­frus­tra­tion und Fehler min­imieren. Wenn es jedoch darum geht, Rück­mel­dun­gen an die Nutzer:innen zu geben, soll­ten sich Designer:innen an strenge Stan­dards hal­ten und Infor­ma­tio­nen kon­sis­tent und klar präsentieren.

Dieser Ansatz ermöglicht es, dass Nutzer:innen auch bei kleineren Fehlern oder Abwe­ichun­gen in ihren Eingaben ein rei­bungslos­es und frus­tra­tionfreies Erleb­nis haben. Die Kon­sis­tenz in der Darstel­lung der Rück­mel­dun­gen stellt dabei die Qual­ität und Ver­lässlichkeit der Benutze­r­ober­fläche sicher.

Postels Gesetz - Robustheitsprinzip - Validierung von Benutzereingaben

 

5. Ästhetik-Usability-Effekt – Gesetz der Schönheit

 

Ein ästhetisch ansprechen­des Design löst eine pos­i­tive Reak­tion im men­schlichen Gehirn aus und verbessert die Wahrnehmung der Nutzer:innen. Kleinere Usabil­i­ty-Prob­leme wer­den oft toleriert, wenn das Design ästhetisch ansprechend ist, was die Bedeu­tung eines aus­ge­wo­ge­nen Ver­hält­niss­es zwis­chen Ästhetik und Funk­tion­al­ität betont. Die visuelle Gestal­tung zielt also darauf ab, eine pos­i­tive Benutzer­erfahrung zu schaf­fen und Usabil­i­ty-Prob­leme zu minimieren.

Apple macht her­vor­ra­gende Arbeit bei der Nutzung des Ästhetik-Usabil­i­ty-Effek­ts. Die Fir­ma investiert stark in das visuelle Design ihrer physis­chen Pro­duk­te sowie ihrer Soft­ware, was dazu beiträgt, eventuelle Nutzbarkeit­sprob­leme zu kaschieren.

Ästhetik-Usability-Effekt – Gesetz der Schönheit - Apple iPhone

 

6. Restorff-Effekt — Isolationseffekt

 

Eine klare visuelle Hier­ar­chie und Unter­schei­d­barkeit von wichti­gen Infor­ma­tio­nen und Aktio­nen sind entschei­dend, um die Aufmerk­samkeit der Nutzer:innen zu lenken. Wenn ein Ele­ment durch Farbe, Grösse oder Form her­vorge­hoben wird, wird es leichter im Gedächt­nis behal­ten als andere Ele­mente, die darauf­fol­gen. In der Prax­is kön­nen Designer:innen den Restorff-Effekt nutzen, um wichtige Ele­mente in ein­er Benutze­r­ober­fläche hervorzuheben.

Wenn mehrere gle­ichar­tige Objek­te zusam­men präsen­tiert wer­den, wird das Objekt, das sich von den anderen unter­schei­det, am ehesten erin­nert. Daher sollte sich beispiel­sweise der Call-to-Action (CTA) But­ton durch einen anderen Stil, eine andere Grösse, Farbe oder Posi­tion abheben:

Restorff-Effekt - Isolationseffekt - CTA Button Beispiel

 

 

Unsere Buchempfehlungen zum Thema UX

“Laws of UX” von Jon Yablonski 

Laws of UX” von Jon Yablon­s­ki ist ein infor­ma­tives Werk, das sich mit den grundle­gen­den Prinzip­i­en des User Expe­ri­ence Designs auseinan­der­set­zt. Das Buch bietet eine tiefge­hende Erörterung ver­schieden­er psy­chol­o­gis­ch­er Geset­ze, die das Nutzerver­hal­ten im dig­i­tal­en Raum bee­in­flussen, und zeigt auf, wie diese Erken­nt­nisse effek­tiv im Design­prozess ange­wandt wer­den können.

“Don’t Make Me Think, Revis­it­ed: A Com­mon Sense Approach to Web Usabil­i­ty” von Steve Krug

Don’t Make Me Think, Revis­it­ed” von Steve Krug ist ein unverzicht­bar­er Leit­faden für die Gestal­tung benutzer­fre­undlich­er Web­sites. Das Buch ist ein Klas­sik­er, wenn es um das The­ma UX geht. Krug erk­lärt, wie man Web­sites so gestal­tet, dass sie intu­itiv ver­ständlich sind und den Benutzen­den das Suchen und somit, wie im Titel des Buch­es ver­sprochen, auch das Denken ers­paren. Er betont die Bedeu­tung von klar­er Nav­i­ga­tion, ver­ständlich­er Infor­ma­tion­sar­chitek­tur und intu­itiv­en Benutzer­in­ter­ak­tio­nen. Durch prax­is­na­he Beispiele und leicht ver­ständliche Ratschläge zeigt Krug, wie man das Nutzer­erleb­nis verbessern kann, indem man die Prinzip­i­en der Usabil­i­ty in den Design­prozess integriert.

“100 Things Every Design­er Needs to Know About Peo­ple” von Susan Weinschenk 

Dieses Buch konzen­tri­ert sich auf die Psy­cholo­gie hin­ter dem Design. Wein­schenk präsen­tiert eine Samm­lung von 100 Erken­nt­nis­sen aus der Ver­hal­tens­forschung und der kog­ni­tiv­en Psy­cholo­gie, die für Design­er rel­e­vant sind, um bessere Nutzer­erfahrun­gen zu schaf­fen. Das Buch deckt eine bre­ite Palette von The­men ab, darunter Wahrnehmung, Aufmerk­samkeit, Gedächt­nis, Emo­tio­nen und Moti­va­tion. Die The­men sind in klare Kapi­tel geord­net und mit sehr vie­len konkreten Tipps angere­ichert. Von dem Buch gibt es auch bere­its einen zweit­en Teil.

 

Und eine Buchempfehlung zum Thema UI

 

“Refac­tor­ing UI” von Adam Wathan und Steve Schoger

Dieses Buch enthält buch­stäblich alles, was man zum The­ma Web­de­sign wis­sen sollte, kom­prim­iert in kurze, leicht zu lesende Kapi­tel. Es ist ein prak­tis­ch­er Leit­faden, der sich darauf konzen­tri­ert, das visuelle Design von Weban­wen­dun­gen und Benutze­r­ober­flächen zu verbessern. Das Buch bietet zahlre­iche Tipps, Tricks und prak­tis­che Ratschläge für Design­er und Entwick­ler, um das Ausse­hen und das Gefühl ihrer Pro­jek­te zu verbessern. Wenn also Inter­esse an UI beste­ht, ist das Buch defin­i­tiv einen Blick wert!

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